Dolomitencross 2016
[Reisebericht] [YouTube-Video]Die Idee
Die Idee war nicht neu. Seit 2014 geisterte sie in meinem Kopf herum – ein Alpencross durch die Dolomiten. Eine grobe Routenidee lag also schon seit zwei Jahren in der Schublade, gut abgehangen wie ein Stück Bergkäse. Dieses Jahr sollte es endlich so weit sein: das lang ersehnte Dolomitenabenteuer. Die Planung wurde mehrfach überarbeitet, umgeschmissen, neu zusammengesteckt – wie ein Puzzle mit zu vielen Lieblingsstücken. Sogar am Tag vor der Abfahrt habe ich noch an der Route herumgefeilt. Alte Erfahrungswerte trafen auf neue Ideen – und auf eine entscheidende Veränderung: Ich würde diesmal zum ersten Mal nicht allein fahren. Martin war mit an Bord. Zwei Fahrer, ein Ziel, ein Haufen unbekannter Variablen.
Im Zentrum unserer Route stand ein klarer Anspruch: eine eindrucksvolle Alpenhauptkamm-Überquerung zu schaffen und dabei möglichst tief in die rau-schöne Welt der Dolomiten einzutauchen. Möglichst viel Berg, möglichst wenig Asphalt. Möglichst viele spannende, abwechslungsreiche Trails. Und möglichst oft dieser Moment, in dem man vor einer Abfahrt steht und weiß: Gleich wird’s wild.
Wir wollten den Verlauf der Reise so offen wie möglich halten. Keine festen Unterkünfte, keine starren Etappenziele, kein Stress mit Check-ins. Nur ein Puffertag im Hinterkopf und das gute Gefühl, mit Biwakausrüstung auch spontan irgendwo zwischen Latschen und Sternenhimmel unterkommen zu können. Wetter, Körper, Terrain – das sollte mitentscheiden, wann und wie es weiterging.
Neu im Vergleich zu früheren Touren war die geplante Nutzung von Bergbahnen – nicht aus Bequemlichkeit, sondern aus Strategie. Mehr Höhenmeter bergab bedeuten mehr Trails. Und davon wollten wir eine ordentliche Portion mitnehmen. Trotzdem würde genug auf eigener Kraft basieren – wer sich den Krimmler Tauern hochschleppt, braucht sich vor keinem Dolomitengipfel mehr zu verstecken.
Starpunkt sollte Kufstein sein, dann quer durch die Kitzbüheler Alpen, über die Krimmler Tauern als Schlüsselpforte über den Hauptkamm – und von dort in einem weiten Bogen durch das Herz der Dolomiten bis hinunter zum Gardasee. Unser Plan war einfach: Möglichst viele legendäre Berge mitnehmen, möglichst viele Trails surfen – und dazwischen einfach leben.
Pässe/Gipfel:- Hochegg (1450 m)
- Brandstadl (1650 m)
- Ehrenbachhöhe (1800 m)
- Pengelstein (1950 m)
- Wildkogel (2100 m)
- Birnlücke (2650 m)
- Ochsenlenke (2550 m)
- Kronplatz (2280 m)
- Limojoch (2150 m)
- Pralongia (2100 m)
- Belvedere (2500 m)
- Passo Padon (2400 m)
- Forca Rossa (2450 m)
- Col Margherita (2500 m)
- Forc. di Venegia (2200 m)
- Baita Segatini (2200 m)
- Tognola (2100 m)
- Passo Cinque Croci (2000 m)
- Monte Maggio (1800 m)
- Monte Pasubio (2100 m)
Die Route

Die Transalp beginnt in Kiefersfelden. Per Innfähre geht es hinüber nach Kufstein und dann hoch zum Brentenjoch und schließlich zum Hochegg. Eine Abfahrt über den Hintersteiner See endet in Blaiken. Mit der Seilbahn werden knapp 1000 Hm zum Brandstadl überbrückt, bevor der Weg über Almen und später ein paar Trails ab nach Brixen im Thale verläuft. Der Radweg bringt uns nach Kirchberg, dann folgt wieder ein bequemer Aufstieg mit der Fleckalmbahn zur Ehrenbachhöhe. Nach dem Pengelstein und einer Abfahrt am Hang entlang überwinden wir das Stangenjoch und erreichen nach einem weiteren langgezogenen Anstieg den Wildkogel.
Erst Almwege, dann ein schwieriger Wald- und Wurzeltrail bringen uns hinunter ins Tal. Bald erreicht man die berühmten Krimmler Wasserfälle. Wir wählen den alten Tauernweg, über den wir die Bikes bis zur Forststraße hochtragen. Dann kann man bequem entlang der Krimmler Aache ins Tal hinter radeln, vorbei am Krimmler Tauernhaus. Während der Pfad, der über den Krimmler Tauern führt, irgendwann rechts abzweigt, fahren wir geradeaus weiter in Richtung Keesalm. Da erwartet uns eine lange Tragestrecke bis hoch zur Birnlücke auf 2670 m. Die Abfahrt bis hinunter zur Kehreralm ist durchgängig anspruchsvoll und fordernd.
Kurz nach Prettau im Ahrntal führt eine sacksteile Forststraße wieder bergauf zur Hasentalalm. Ab der Alm wird der Weg schmaler, aber weniger steil und kann fast komplett bis zur Ochsenlenke gefahren werden. Dann folgt eine Abfahrt durchs Reintal bis nach Sand in Taufers. Schnell erreicht man über Radwege Bruneck und kann die Gondel hoch auf den Kronplatz nehmen. Auf der angelegten Furcia Freeride-Strecke kann man eine Menge Spaß haben und landet schließlich unten in St. Vigil. Ein wildromantischer Weg führt leicht bergauf bis zum Rifugio Pederü.
Das Fanes-Gebirge liegt nun vor uns. Die Auffahrt ist steil, aber ansonsten gut fahrbar. Vorbei am Rifugio Fanes überqueren wir das Limojoch und nehmen zunächst einen Weg mit sanftem Gefälle, der bald in eine steile in den Fels gearbeitete Treppe mündet. Wenn man Sciare erreicht, ist man auch wenige Minuten später in St. Cassian. Eine weitere Seilbahn bringt uns auf den Piz Sorega. Almwege leiten uns bald nach Pralongia, dann geht es bergab zum Passo Campolongia und weiter nach Arabba.
Es folgt einer der landschaftlich schönsten Abschnitte dieser Tour. Die Belvedere-Seilbahn trägt uns auf den Berg und von hier aus hat man einen perfekten Blick auf das Marmolata-Gebirge. Wir nehmen jedoch nicht den bekannten Bindelweg nach Westen, sondern den Osttrail bis zum Passo Padon, der mit ein paar Gegenanstiegen sehr flowig und gut zu fahren ist. Beim Crépe Rosse führt ein Pfad den Berg hinunter, der leider kaum gefahren werden kann. Unten bei der Fedaia-Passstraße versuchen wir selbige zu vermeiden und Nebenwege ins Tal zu finden.
Der nächste Anstieg muss sich wieder ohne Seilbahnunterstützung hart erkämpft werden: Die sehr steile Forststraße mündet schließlich in einen Weg und dann in einen steinigen Pfad hoch zur Forca Rossa. Ein anfangs recht zerklüfteter Trail bringt uns bis zum Rifugio Fuciade, das für seine besonders gute Küche (aber auch die gesalzenen Preise) bekannt ist. Dann fährt man leider auf einer Forststraße ab bis zur Talstation der Col Margherita-Seilbahn. Von oben kann man zügig bis zum Passo di Valles abfahren, bevor die Schiebe- und Tragestrecke hoch zur Forcella di Venegia überwunden werden muss.
Die folgende Abfahrt führt erst unkompliziert über Almwiesen und Hänge, im letzten Drittel aber anspruchsvoller bergab, bis man in einem Hochtal ankommt und sich der Blick auf die schroff gezackten über 3000 m hoch aufragenden Felsen des Cima dei Burloni und Cimon della Pala eröffnet. Mit stetigem Blick auf dieses eindrucksvolle Felsmassiv radelt man auf einem breiten Kiesweg die populäre Wanderstrecke gemütlich hoch bis zur Hütte Baita Segatini. Anschließend geht's bergab zum Passo Rolle, jedoch nicht weiter auf der Schotterstraße, sondern parallel dazu auf einem spaßigen schmalen Trail. Ab dem Pass kann man geschickt die stark befahrene Passstraße hinunter nach San Martino di Castrozza vermeiden, wenn man den parallel dazu verlaufenden Trail findet.
Nach einer Seilbahnauffahrt auf den Tognola erreicht man nach einer breiten Almstraße schnell einen teils recht herausfordernden Trail, der weiter unten auf einer Forststraße endet, die uns im kleinen Örtchen Caoria wieder ausspuckt. Es folgt ein lang gezogener Anstieg bis hoch zum Passo Cinque Croci, dann eine Trailabfahrt bis zur Ponte Conseria. Der Rest der Abfahrt ins Valsugana ist unspektakulär. Von Borgo Valsugana führt ein Radweg durch das Tal bis Levico Terme und Caldonazzo. Ab da ist es vorbei mit der Gemütlichkeit. Teils auf Asphalt, teils auf einer Forststraße erklimmt man den Berg, Ziel ist San Sebastian. Irgendwann lässt sich die parallel verlaufende Passstraße für ein kurzes Stück nicht ganz vermeiden, aber größtenteils kann man die Strecke abseits des Verkehrs zurücklegen.
In San Sebastian folgt der Anstieg zum Sommo Alto (Stella d'Italia), und weiter auf Forststraßen bis zum Passo Coe. Ab hier wird es zunehmend beschwerlich, wenn man in Richtung Monte Maggio aufbricht. Fahren und Schieben wechseln sich ab, bis man das riesige Gipfelkreuz aus Stahl erreicht. Den Monte Pasubio hat man hier bereits im Blick. Der nun folgende Pfad ist einer der schönsten, aber auch einer der forderndsten dieser Tour. Für lange Zeit führt er sehr ausgesetzt am Kamm des Berges entlang. Fahren kann man hier aus Sicherheitsgründen eher selten. Wenn man schließlich den Passo del Colombo erreicht, muss man knapp 400 Hm bergab schieben, bevor man sich endlich wieder in den Sattel schwingen darf.
Eine Nebenstraße windet sich hoch zum Passo Xomo, dann folgt man der steinigen Militärstraße hoch zum Monte Pasubio. Vorbei an der Strada delle 52 Galerie zieht sich der lange Anstieg zu Porte del Pasubio und weiter. Wenn man schließlich den höchsten Punkt bei Sette Croci erreicht, hat man bereit einiges an Schiebestrecke in den Beinen. So geht es auch noch etwas weiter, bis man endlich auf einem ausgesetzten Pfad zum Bochetta Foxi abfahren, und nach einem kurzen Gegenanstieg zum Corno Battisti auf die gleiche Weise bis zum Passo del Menderle gelangt. Dann folgt eine spaßige, größtenteils flowige, lange Bergabfahrt bis nach Vanza. Ein paar versteckte Pfade führen schließlich zum verborgenen Lago di San Colombano, an dessen steilen Ufer man irgendwann die Straße hinunter nach Rovereto erreicht.
Ab hier folgen wir dem klassischen Radweg entlang der Etsch, dann über Mori und den Passo San Giovanni. Nach einer schnellen Abfahrt sind wir am Ziel: Torbole am Lago di Garda!

Gesamtstrecke: 463 km
Gesamtanstieg: 15.070 (18.920) Hm
Bei zwölf Tagesetappen erwarten uns durchschnittlich etwa 1260 Hm (netto, also ohne Seilbahn) und 39 km pro Tag.
Die Streckenführung ist zum Teil nur für geübte und trittsichere Mountainbiker geeignet. Ich rate davon ab, diese Route ohne sorgfältige Recherche nachzufahren.
Die Rückreise
Die Rückreise von Rovereto nach München soll per Bahn erfolgen. Wir haben vorab entsprechend im EuroCity gebucht. Für Martin geht es dann weiter bis nach Berlin.