Alpencross 2017 - Tag 1
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Füssen - Plansee - Heiterwang - Lermoos
Länge: 40 km
Gesamtanstieg: 1050 Hm
Gesamtabstieg: 740 Hm
Zu Ferienbeginn 2017 war es endlich soweit: Das Vater-Sohn-Projekt, das wir monatelang vorbereitet hatten, konnte starten! Mein Sohn war mittlerweile in einem Alter, in dem ich ihm das Abenteuer Alpencross wirklich zutraute – und zwar nicht nur im Schongang. Ein paar knackige Allgäu-Touren, dazu ein Besuch im Bikepark, hatten gezeigt: Seine Fitness war solide, seine Fahrtechnik sogar erstaunlich gut. Trotzdem wollte ich die Route altersgerecht gestalten – keine stundenlangen Uphills, sondern viel Fahrspaß und lieber mal eine Seilbahn mehr. Schließlich sollte er sich nicht wie ein Lastesel fühlen, sondern wie ein kleiner Abenteurer.


Was das Material anging, konnte ich meine gesamte Schraubererfahrung einbringen. Ergebnis: ein Rucksackgewicht von knapp 3 kg für den Junior – ein Gamechanger. Auch das Bike war mit 11,5 kg ein echtes Leichtgewicht. Zwei Tage vor der Abfahrt dann der Schreckmoment: Der Schaltzug war schwergängig, der Freilauf rasselte verdächtig. Papa musste also nochmal ran. Gemeinsam machten wir das Bike wieder fit – neuer Shimano-Zug, Freilauf zerlegt, gereinigt, gefettet. Danach lief alles wie geschmiert – im wahrsten Sinne.
Die Kameraausrüstung bestand dieses Jahr aus einer Panasonic DMC-TZ101 und einer GoPro Hero 5.
Die Wetterprognose war okay. Für Tag vier war zwar eine Kaltfront angesagt, aber am ersten Tag war alles im grünen Bereich. Also radelten wir in aller Frühe zum Münchner Hauptbahnhof, um einen der ersten Züge nach Füssen zu erwischen. Der frühe Start war mir wichtig – die erste Etappe war lang und ich wollte auf keinen Fall in Zeitdruck geraten. Schließlich sollte mein Sohn nicht gleich am ersten Tag Stress mit „Alpencross“ verbinden. Immerhin standen 40 Kilometer mit über 1000 Höhenmetern an – plus 10 km Anfahrt zum Bahnhof. Das würde die anstrengendste Tour seines Lebens werden.

Die Strecke aus Füssen hinaus war mir aus früheren Transalps wohlbekannt – kleine Nebenstraßen und Radwege führten uns Richtung Schloss Neuschwanstein. In Hohenschwangau begann der Anstieg auf der Straße hinauf zum Schloss – und wir tauchten ein in das übliche Touristengewusel. Während wir 150 Höhenmeter durch Menschenmassen und Pferdehinterlassenschaften hinaufkurbelten, hörten wir erstaunte Kommentare in allen möglichen Sprachen. Nicht die Steigung war das Problem, sondern der Slalom zwischen Rentnergruppen, Selfiesticks und Reitdroschken.

Oben angekommen, bot sich ein etwas verhüllter Anblick – das Märchenschloss war mal wieder eingerüstet. Trotzdem war es ein beeindruckendes Bild. Für meinen Sohn war es das erste Mal, und seine Augen leuchteten. Am Aussichtspunkt mit Blick auf den Alpsee hielten wir kurz inne, schossen das obligatorische Foto, und weiter ging’s zur Marienbrücke – wo der Touristenstrom abriss. Endlich wieder Ruhe!

Leider war der geplante Weg über die Bleckenaustraße ab hier gesperrt. Vermutlich Forstarbeiten. Ich beschloss, die Absperrung zu ignorieren – ansonsten wären deutlich mehr Höhenmeter fällig gewesen. Weiter oben bestätigte sich mein Verdacht: Forstarbeiter waren vor Ort, aber sie führten lediglich Vermessungen durch. Kein Problem also – wir konnten passieren und kamen schließlich in der Bleckenau auf 1180 m an.

Bis hierhin hatten wir bereits knapp 400 Hm geschafft. Zum höchsten Punkt der heutigen Etappe fehlten noch etwa 250 Hm – die sich direkt nach der Bleckenau auf einem steilen, kaum fahrbaren Weg in Form einer ausgiebigen Schiebepassage präsentierten. Danach wurde es wieder angenehmer: In sanfter Steigung ging es weiter bis zur Jägerhütte auf 1430 m.
Oben angekommen, war die Vorfreude groß – mein Sohn konnte es kaum erwarten, endlich den ersten Trail zu fahren. Also kurze Verschnaufpause, dann: Schützensteig! Rund 300 Höhenmeter Trailabfahrt lagen vor uns. Ein teils felsiger, gut fahrbarer Singletrail mit ein paar Spitzkehren, die ordentlich Konzentration erforderten. Der Fahrspaß war riesig, das Grinsen im Gesicht breit, die Mühen des Aufstiegs vergessen.

Kurz vor dem Ende war der Weg erneut gesperrt – diesmal ernsthaft. Man hörte schweres Gerät im Wald. Wir wollten keine Bekanntschaft mit fallenden Fichten machen und entschieden uns für Plan B: 50 Meter durchs Unterholz, dann schnitten wir den Weg ab und erreichten eine Forststraße, die parallel zur Landstraße zum Plansee führte. Deutlich entspannter – und vor allem autofrei. Die Schotterstraße hatte ein paar Gegenanstiege, machte aber trotzdem mehr Spaß als der parallele Asphalt. Und vor allem: weniger Verkehr! Das war mir bei der Routenplanung sehr wichtig gewesen – mein Sohn sollte nicht neben LKWs schwitzen, sondern Natur erleben.

Schließlich trafen wir auf die Landstraße und rauschten in flotter Fahrt zum Plansee hinunter. Dieses türkisfarbene Juwel ist der zweitgrößte natürliche See Tirols. Statt auf der Planseestraße zu bleiben, entschieden wir uns für den schmalen Pfad am Südufer. Offiziell für Biker gesperrt – aber wenn man sich rücksichtsvoll verhält, stört das keinen. Und es lohnt sich: Ein traumhafter Pfad entlang des stillen Ufers, vorbei an kleinen Badestellen, mit Blick auf das Wasser, das in karibischen Farben schimmerte.

Mein junger Begleiter war begeistert. Wir legten an einem einsamen Ufer eine längere Pause ein, sprangen in den erfrischenden See und knabberten unsere selbstgemachten Müsliriegel. Perfekter Moment. Gegen 14:30 Uhr ging’s weiter, der Trail zog sich noch bis zum Heiterwanger See. Dann mündete er in eine Schotterstraße, die mit einem Linksschwenk auf die Zugspitze zusteuerte.

Der sogenannte Zugspitz-Panoramaweg führt parallel zur Bahnlinie durchs Tal. Immer wieder kleine Anstiege, aber die Landschaft entschädigte für alles. Und die Zugspitze thronte mit ihren knapp 3000 m ständig im Blickfeld. Langsam wurde mein Sohn etwas müde – klar, es war sein erster richtig langer Tag auf dem Bike. Aber er hielt durch, ohne zu jammern, ohne zu murren.

Um 18 Uhr erreichten wir Lähn – unser Tagesziel. Die Pension war gemütlich, die Dusche heiß, und in der benachbarten Gaststätte warteten ein Wiener Schnitzel und ein Holzfällersteak auf uns. Der Hunger war groß – das Essen verschwand in Rekordzeit.

Fazit: Die erste Etappe war lang und fordernd. Aber mein 13-jähriger Tourpartner hat sie mit Bravour gemeistert. Keine Beschwerden, keine Durchhänger. Nur Begeisterung – und am Abend ein müdes, glückliches Grinsen. Genau so hatte ich mir das vorgestellt.
Highlights des Tages:
- Schloss Neuschwanstein: immer wieder eindrucksvoll
- Schützensteig: erste technische Trailabfahrt, pure Freude
- Plansee: türkisblau, ruhig, und ein erfrischendes Bad
- Riesenschnitzel: nach einem langen Tag einfach verdient