Alpencross 2017 - Tag 5
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Auer - Mezzolombardo - Santel - Meriz - Molveno - San Lorenzo
Länge: 61 km
Gesamtanstieg: 550 Hm
Gesamtabstieg: 1280 Hm
Die Etappe von Meran über den Kalterer See nach Auer hatten wir aufgrund des Wetterumschwungs am vierten Tag mit der Bahn überbrückt. Uns sind dabei 30 km Etschtalradweg entgangen (was für uns kein großer Verlust war), sowie ein Abstecher zum Kalterer See. Eigentlich hatte ich einen kurzen Badeaufenthalt im See eingeplant, aber den konnten wir nun nicht einlösen.
Der Zeitplan war jetzt wieder im Lot. Kein Stress, keine Abweichung mehr – wir konnten uns einfach wieder der Route hingeben. Das Frühstücksbuffet im Hotel wurde von uns gewissenhaft erleichtert, die Bikes aus dem abgeschlossenen Schuppen befreit – und schon rollten wir wieder. Mein Sohn zeigte keinerlei Nachwirkungen des Vortags – der Körper eines Teenagers regeneriert scheinbar über Nacht vollständig. Ein Blick auf meine müden Beine und ich konnte nur seufzen. In dem Alter war alles einfacher.

Etwa 20 Kilometer lagen noch vor uns bis San Michele – gemütliches Einrollen entlang der Etsch, immer dem Via-Claudia-Augusta-Radweg folgend. Heute waren viele unterwegs: Reiseradler mit Packtaschen, Rennradfahrer im 35er-Schnitt-Modus. Trotzdem blieb genug Platz, und wir kamen zügig voran.
In San Michele war Schluss mit Etschtal. Wir bogen ab und durchquerten zwischen Weinhängen und Obstplantagen das Trentino bis nach Mezzolombardo. Dort fanden wir die richtige Bushaltestelle direkt am Bahnhof – geplant war eine Busfahrt hoch nach Santel, denn 850 Höhenmeter auf Asphalt bei Augusthitze standen bei keinem von uns ganz oben auf der Wunschliste. Diesmal klappte alles wie am Schnürchen: Tickets am Schalter, Fahrradmitnahme bestätigt – offiziell erlaubt, maximal zwei Räder pro Fahrt. Hätte es nicht geklappt, hätten wir eine Alternativroute über Zambana Vecchia eingeplant, aber zum Glück blieb uns diese Rampe erspart.

In Santel angekommen: Bikepark-Atmosphäre. Wir warfen einen sehnsüchtigen Blick auf die Downhillstrecken, die sich unter dem Sessellift in den Wald schnitten – Anlieger, Northshores, Drops, alles da. Aber unser Zeitbudget war knapp, also nur einmal hoch mit dem Lift zur Meriz-Hütte. Von dort wollten wir Richtung Andalo weiter.

Doch der Trailgott hatte andere Pläne: Schon nach wenigen hundert Metern standen wir mitten auf der „Giada Line“, einer gebauten Downhill-Strecke, die sich später in den „Ribs Trail“ verwandelte. Überraschung gelungen – statt gemütlichem Forstweg bekamen wir steile Wurzelteppiche, felsige Rinnen und flowige Waldpassagen serviert. Ein Highlight für meinen Sohn, der mit breitem Grinsen durch den Wald pflügte. Auch mein Adrenalinspiegel war sofort auf Betriebsmodus. Die Streckenstruktur erinnerte an das Gelände oberhalb von Torbole – mit dem feinen Unterschied, dass wir hier fast allein unterwegs waren.

In Andalo spuckte uns der Trail bei der Maso Monech aus. Wir nahmen noch eine Skipiste mit, dann ging’s am Laghet-Lift vorbei auf einem flowigen Pfad in Richtung Molveno – ab hier: reiner Fahrgenuss.

Molveno selbst? Ein Touristenklassiker. Im August ist der Ort gut gefüllt, die Strandpromenade quirlt vor Leben. Eigentlich hatten wir einen Sprung ins Wasser geplant, aber es war bewölkt, frisch, windig – nicht gerade badetauglich. Also umrundeten wir den See ein Stück, fuhren über den Uferweg weiter Richtung Süden. Je weiter wir uns vom Zentrum entfernten, desto einsamer wurde es – und umso schöner. Der Weg führte hoch über dem See entlang, immer wieder boten sich Blicke auf das türkisgrüne Wasser, das in der Nachmittagssonne langsam wieder zu glitzern begann.

Es folgte ein Auf und Ab – der Radweg am See ist keine Flachlandpartie, sondern hält einige giftige Rampen parat. Aber wir waren gut im Zeitplan. Nach dem See begann die ausgeschilderte Route bergab Richtung Moline – dort tauschten wir die Räder. Mein Sohn durfte zum ersten Mal auf das Fully – mit dem Sattel ganz unten und leuchtenden Augen. Das Fahrgefühl war für ihn ein Quantensprung, der Begeisterungsfaktor entsprechend hoch. Es brauchte einige väterliche Überzeugungsarbeit, um mein Bike später zurückzubekommen.

Moline selbst ist ein verschlafenes Kleinod – abseits vom Touristenstrom, eingerahmt von steilen Hängen und Obstwiesen. Eine holprige, gepflasterte Straße führt in den Ort, danach ging es auf Asphalt bergauf nach San Lorenzo in Banale. Die letzten 200 Höhenmeter waren zäh – brütende Hitze, kein Schatten, kein Fahrtwind. Der letzte steile Anstieg war ein würdiger Abschluss des Tages.

In San Lorenzo hatte ich zum Glück ein Zimmer reserviert. Doch vor dem Duschen wartete noch ein defekter Duschkopf, der erst ersetzt werden musste – italienische Hoteldramatik in Miniatur. Danach flossen Staub, Schweiß und Müdigkeit endlich ab, und wir konnten entspannt in den Abend übergleiten.

Die Highlights des Tages:
- Der Bikepark Santel: gerne wären wir dort länger geblieben
- Die Downhill-Überraschung auf der Giada Line: Wurzeln, Steine, Flow
- Der Molveno-See: türkisblaues Wasser und weite Blicke
- Lemon Soda: das Urlaubsgetränk meines Sohnes (leider nicht importierbar)